Sasso – Artist, Clown, Künstler
Bühnenfigur
In jungen Jahren war Otto Lutz als Artist in verschiedenen Arenen unterwegs. Danach schuf er sich unter dem Künstlernamen Sasso als Musicalclown, Zauberer und Alleinunterhalter einen Namen und erlangte einige Berühmtheit. Daneben war er als Künstler aktiv, malte Bilder und fertigte Skulpturen. Zum Lebensunterhalt trugen diese Kunstwerke kaum bei. Seine künstlerische Tätigkeit brachte ihm aber die nötige Ruhe zwischen seinen Auftritten vor Publikum.
Vielseitiges Programm
Sassos Programm als Alleinunterhalter dauerte rund zwei Stunden und war sehr abwechslungsreich: Er konnte unzählige Witze zum Besten geben, auf seinem "Instrument" Marke Eigenbau 16 Instrumente gleichzeitig spielen und dazwischen Zaubertricks originell darbieten. Sandmalen und Papierreissen waren weitere Elemente seiner Auftritte.
Künstlername
Leider ist nicht belegt, wie, wann und weshalb Otto Lutz den Künstlernamen Sasso annahm. Aufzeichnungen in seinem Notizbuch, das er wohl schon sehr früh in seiner Karriere zu führen begann, legen den Schluss nahe, dass er sich anfangs verschiedene Künstlernamen für verschiedene Rollen ausdachte. So ist in dieser handschriftlichen Liste auch "Mister Klirr" zu finden, mit dem Vermerk "lauter Blödsinn". Die stumme Clown-Nummer als Mister Klirr gab er denn auch in frühen Jahren einige Male zum Besten, allerdings wohl nur für kurze Zeit. In der Liste sind weitere Namen zu finden, meist mit einem Vermerk, zu welcher Rolle oder Nummer der Name passt: "Beretti – zaubernd & bezaubernd" oder "Mister Bluff – zeigt humoristische Zauberkünste". Und schliesslich auch: "Sasso – die Tankstelle für Humor". Auf dem Höhepunkt seiner Karriere war Sasso so bekannt, dass ihn selbst Briefe erreichten, die lediglich an "Otto Sasso" adressiert waren.
Auf der Suche nach der Herkunft des Künstlernamens Sasso sind wir auf eine mögliche Spur gestossen: Sasso war der Name einer damals vielfach verbauten Zapfsäule mit innovativer vollautomatischer Benzinmessung und Selbstbedienung durch Münzeinwurf. Produziert wurde sie von der Firma Sauser AG in Solothurn. Vor allem die BP Tankstellen (der Benzin- und Petroleum AG Zürich) wurden damals mit Sasso-Tanksäulen eingerichtet. Ein Zusammenhang mit der Wahl von Sasso als Künstlername und dem Programm "Tankstelle für Humor" scheint hier doch ziemlich wahrscheinlich zu sein.
Artist
Seine Karriere beim Zirkus begann Sasso nach dem Abbruch seiner Malerlehre mit 16 Jahren. Der Einstieg erfolgte als Pferdebursche beim Zirkus Bauer. Danach verpflichtete er sich jeden Sommer bei wechselnden Zirkussen und in Arenen (vgl. auch Jugend und Lehrjahre). Hier lernte er Luft- und Parterre-Akrobatik, Hochseillaufen, Feuerfressen, Degenschlucken, Kraftathlektik und Matrosen-Akrobatik am 22 m hohen schwankenden Mast – wie auf dem Bild zu sehen ist. Aber auch die Grundlagen des Zauberns und der Clownerie lernte Sasso in diesen Jahren.
Zauberer
Sasso war vielfältig begabt und wandelbar. Zauberei lernte er bereits während seiner Lehrjahre bei verschiedenen Zirkussen. Er entwickelte dann seine Fähigkeiten immer weiter. Bald beherrschte alle gängigen Zaubertricks seiner Zeit, beispielsweise mit den Zauberringen, und gab diese an Unterhaltungsabenden zum Besten. An Kindernachmittagen füllte er die Säle im Bernhard Theater. Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich voller Stolz in der ersten Reihe sass und meinen Grossvater, der alle zum Lachen und Klatschen brachte, bewunderte.
In einem "Werbeflyer", den Sasso kreierte, pries er sich als "international diplomierter Zauberkünstler Amsterdam 1949" an, der zudem die "silberne Medaille vom 1. schweiz. Kongress der Magie, Zürich, 1949" gewonnen hat. Tatsächlich nahm Sasso offenbar am internationalen Zaubererkongress 1949 in Amsterdam teil. Wie und in welcher Form er dort "diplomiert" wurde, ist allerdings nicht bekannt.
Clown
Wie Sasso in seinem Lebenslauf schreibt, konnte er bereits am Ende seiner ersten Zirkus-Saison bei Clown-Entrées mitmachen. Später übernahm er Rollen als "Dummer August". In den 1920er- und 1930er-Jahren war er unter anderem als Clown und Handorgelspieler im Appenzellerland in Restaurants unterwegs. Bald entwickelte er aus dieser Kombination seine Musicalclown-Nummern, mit denen er den Durchbruch schaffte: Auftritte im Bernhard Theater und im Radio machten ihn schweizweit bekannt.
Bei seinen Auftritten, meist geschminkt und gekleidet als Clown, war sein ganzer Körper in Bewegung; auch, wenn er zauberte oder einfach einen Witz erzählte. Auch seine Mimik war stets so ausdrucksvoll, dass Texte geradezu von seinem Gesicht ablesbar waren. Sein markantes Lachen war ebenfalls ein Markenzeichen seiner Auftritte. Ergänzt hat er seine Nummern mit Instrumenten und Musik, die er geschickt einsetzte.
Musiker
Musik spielte bei Sassos Auftritten stets eine wichtige Rolle, weshalb er oft auch als Musikclown bezeichnet wurde. Sein "Örgeli" und sein Instrument Marke Eigenbau waren ständige Begleiter auf der Bühne. Weniger bekannt ist, dass Sasso auch selbst komponierte: In seinem Nachlass sind die gedruckten Noten von zwei Walzern zu finden, die er seiner Frau Bertha widmete.
Zwei Gesichter
Der Prototyp des Clowns hat zwei Gesichter: jenes, das die Menschen zum Lachen bringt, und jenes, das nur im Privatleben gezeigt wird und oft traurig ist. Auch Sasso hatte wohl diese zwei Gesichter. Sicherlich war es nicht einfach, während des Kriegs und in der Nachkriegszeit sein Auskommen mit wenig nachhaltigen Engagements zu bestreiten. Erschwerend hinzu kamen zeitweise Suchtprobleme seiner Frau Bertha. Sasso selbst war Alkohol wohl nicht abgeneigt, zudem rauchte er wie ein Bürstenbinder.
Die Familie wohnte lange Zeit an der Zurlindenstrasse in einem baufälligen, dunklen Haus gleich gegenüber des Gasthofs Falken an der Schmiede Wiedikon. Mehrfach wurde ich als Kind in den "Falken" rübergeschickt, um für den Grossvater Zigaretten zu besorgen. Abends war Sasso selbst oft im "Falken" anzutreffen, wo er die Gäste mit seinen Witzen und Sprüchen unterhielt.